Sehenswert: „Ewig Jung“ – Burgfestspiele Mayen
„Ewig Jung“ – lustiges Sommertheater auf der Genovevaburg
Die Schauspieler der Mayener Burgfestspiele spielen sich dieses Mal selbst: es ist das Jahr 2050 und alle Ensemblemitglieder sind im Seniorenheim. Um sie herum hängen die ehemaligen Intendanten der Burgfestspiele an den Wänden. Sie leben immer noch in ihrer Theaterwelt und haben an Krankheiten alles, was man in diesem Alter eben so hat. Vor allem haben sie Schwester Fabienne, die banale Kinderspiele mit ihnen spielen möchte und einfältige Lieder singt und sie wie kleine Kinder behandelt und malträtiert. Aber die Alten haben keinen Bock auf Händeklatschen und Kinderlieder, sie haben in ihren besten Jahren eine ganz andere Musik gehört und die schmettern sie dann auch zigfach an diesem Abend, hauen einen Hit nach dem anderen raus.
Wollte man eine Moral aus der Geschichte ziehen, dann wohl die, dass man sich bis zuletzt nicht unterkriegen lassen soll, und dass der Mensch bei aller Hinfälligkeit seine Würde nicht verlieren sollte. Alles in allem ist das Theaterstück aber einfach nur ein großer Spaß.
Pointen „aus der künstlichen Hüfte geschossen“
Das Programm der Burgfestspiele verspricht Pointen, die „aus der künstlichen Hüfte geschossen werden“, wie die derzeitige Dramaturgin und neue stellvertretende Intendantin Petra Schumacher das formuliert. Die Pointen sind für mich allerdings vor allem visueller Art. Denn es wird gar nicht so viel gesprochen. Dafür wird ganz viel gesungen, ein bisschen Slapstick ist auch dabei, aber vor allem haben mich die Gesichter, die Mimik und die Bewegungen der Schauspieler fasziniert.
Wer die langjährigen Ensemble-Mitglieder Lorenz Schirren, Astrid Vosberg, Georg Lorenz und Werner Schwarz aus anderen Stücken kennt, der findet das Ganze wahrscheinlich noch mal lustiger. Denn Kostümbild und Maske haben sie ganz hervorragend und glaubwürdig in Endachtziger verwandelt.
Alt werden im 21. Jahrhundert
Nein, die Senioren wie sie im Jahr 2050 die Altenheime bevölkern werden, werden nicht mehr die sein, die heute dort noch „Am Brünnlein vor dem Tore singen“. Schon in zwanzig Jahren werden dort Hits von den Beatles, von Freddy Mercury oder Alphaville („Forever young“) zu hören sein. Aber die wenigsten werden sie so schön singen wie die Schauspieler der Mayener Burgfestspiele. Bis auf wenige Ausnahmen fand ich die Gesangsleistung wirklich klasse. Ganz besonders hat mir die Rockröhre Barbara Köhler gefallen, Schwester Fabienne hat sicher die am besten ausgebildete Stimme, leider hatte sie die „schlechtesten Lieder“ von allen. Zum Schreien komisch allerdings auch die und super begleitet wie auch die großen Hits der letzten 50 Jahre vom musikalischen Leiter des Stückes, Holger Queck aus Sinzig am elektronischen Klavier.
Dem vielbeschäftigten Pianisten ist die Sprechrolle weitgehend erspart geblieben. Er spielt einen Alten, der nur noch unartikulierte Geräusche hervorbringen kann. Wer mit dementen Angehörigen zu tun hat, dem kann hier schon mal das Lachen im Hals stecken bleiben. Aber mit genügend Abstand kann man den Abend bei „Ewig Jung“ sicherlich auch sehr genießen. Unterstüzt von der ausgelassenen Stimmung im Publikum, das sich köstlich amüsiert.
Wenn ich einmal alt bin
Für tiefgründige Gedanken ist nach dem Stück noch genügend Zeit. Und die wird sich sicherlich jeder auf die ein oder andere Weise machen. Je nachdem wie nah er am Altern dran ist. Z.B. wird er sich vielleicht fragen: welchem der Typen auf der Bühne werde ich später mal am meisten ähneln (ich hoffe doch nicht, dass ich mal so wie Barbara Köhler werde, die wegen ihres Tourette Syndromes ihre Mitbewohner ständig unflätig beschimpft) oder wie wird das mal aussehen, wenn ich im Altenheim auf der Bettpfanne sitze und „I can’t get no satisfaction“ intoniere? Als ich noch ein Kind war, da sahen schon die 50jährigen alt aus. Und das nicht nur in meinen Augen. Es lag einfach daran, wie sie sich gekleidet haben. Der Rock hatte zwar mehr Falten als das Gesicht, aber die oft dunklen Kleider und die Blusen, die bis zum Kinn zugeknöpft waren, machten eben schon per se die Frauen alt. Meine Generation wird einmal in Jeans und das Ipad unterm Arm ins Pflegeheim einziehen. Ein komischer Gedanke.
Ende der Ära Peter Nüesch
Mit dem Ende der diesjährigen Festspielsaison verlässt Intendant Peter Nüesch Mayen, der sehr gut als weiterer Darsteller in „Ewig Jung“ gepasst hätte, hier aber nur Regie führt. Er geht, nicht um sich stracks ins nächste Seniorenheim zu begeben. Er wird bestimmt woanders immer wieder einmal Theater machen, sagt er. Vielleicht auch mal wieder in Mayen. Ich würde mich über seine „Satirischen Weihnachten“ freuen, die ich mir jedes Jahr wieder von Neuem anschauen kann und jedes Mal Lachmuskelkater habe. Danke Peter Nüesch für die letzten neun Jahre. Ihr Humor und Ihre Begeisterungsfähigkeit waren immer mitreißend, auch wenn Sie mir oftmals zu viel Tumult und Slapstick auf die Bühne gebracht haben. Manchmal war es einfach „too much“. Aber Ich liebte Ihren „Hauptmann von Köpenick“, den Salieri in „Amadeus“ und den von Ihnen gespielten Richter Adam im „Zerbrochenen Krug“ und natürlich die wunderbaren Kinderstücke.
Sie haben das Leben in Mayen leichter und bunter gemacht. Vor allem aber werde ich Ihr Lachen vermissen. Wem es genau so geht, der kann es sich hier hin und wieder anhören:
„Ewig Jung“ ist jetzt noch 10 Mal zu sehen. DIe letzte Vorstellung ist am 20. August. Ich bin sicher, dass bis dahin der ein oder andere das Stück zum zweiten Mal gesehen haben wird. Aber besser zwei Mal als kein Mal.
Mehr zum Stück „Ewig Jung“ und die Termine findet ihr auf der Internetseite der Stadt Mayen: http://www.mayen.de/Kultur-und-Maerkte/Burgfestspiele/
Ewig Jung,
ich habe es 4x gesehen und überlege ob ich es noch ein 5tes Mal anschaue.
Gestik, Mimik, Gesang, „Story“, Bewegung (es tut sich bei diesem Stück immer irgendetwas auf der Bühne) und ich habe jedes Mal etwas neues gesehen was mir bei den vorhergehenden Besuchen nicht aufgefallen ist. Man kann ja die Augen nicht überall haben.
Einfach ganz großes Theater, das hat Spaß gemacht.
Danke!!