„In der Eifel – Fotografien von Heinrich Pieroth“ heißt ein eindrucksvoller Bildband der hunderte historische Fotos des Mayener Fotografen zeigt. Zu sehen sind Aufnahmen aus der Zeit der 1920er bis in die 1950er Jahre.
Die Eifel in Schwarzweiß
Die Fotografien Pieroths zeigen Landschaften, Ausflugsziele, Dörfer und ganz oft Menschen rund um Mayen, in der Vulkaneifel und in der Vordereifel. Es sind analog geschossene Fotos von enormer Aussagekraft, die mich ganz tief in eine Zeit eintauchen lassen, in der die Eifel zu den ärmsten Regionen in ganz Deutschland zählte. Pieroth war ein hervorragender Beobachter und Menschenfreund, der es hervorragend verstand, seine Bilder zu komponieren. Er machte in seinem Mayener Atelier gestellte Protraitfotos, wie es damals üblich war, aber auch solche, die den Menschen in seiner Alltagskleidung ohne viel Schnickschnack zeigten. Oft nahm er eine schwere Kamera samt Geländestativ kletterte damit auf die Eifelhöhen oder zeigte die Menschen dort, wo sie arbeiteten: auf dem Feld, im Steinbruch, in der Bäckerei oder in der Glockengießerei.
Wer sich diese Bilder anschaut, taucht in die wunderbare Welt von Pieroths Schwarzweißfotografie ein. Eine Fotowelt, in der lediglich mit Weiß, Schwarz und Grautönen, mit Licht und Schatten, Schärfe und Unschärfe große Effekte erzielt werden konnten. Und wir sehen in Gesichter, die es heute – wenn ich es mir recht überlege – so kaum noch gibt.
„Kleine Heimat in großen Bildern – eingefangen mit dem Objektiv eines sie liebenden Herzens“
Das schreiben Heinrich Pieroths Söhne Karlheinz und Ulrich über ihren Vater. Sie haben in einem Kapitel des Bildbandes das Leben des vielseitig interessierten Fotografen beschrieben. Die Söhne haben das Lebenswerk des Vaters, das den Krieg unversehrt überstanden hat, dem Rheinischen Bildarchiv überlassen. Die Redakteurin Katja Hoffmann hat die Glasplatten-Negative gesichtet, Fotos für den Bildband thematisch zusammengestellt und mit unterhaltsamen Texten in die zeitgeschichtlichen Verhältnisse eingeordnet.
Heinrich Pieroth, „Eifelschäfer vom Totenmaar“ auf dem Mayener Schafmarkt / Rheinisches Bildarchiv Köln
Heinrich Pieroths Fotomotive
Menschen in der Vulkaneifel oder in der Vordereifel werden ganz viel Heimat wiedererkennen: die Dauner Maare, Schloss Bürresheim in Mayen, Ulmen, Kloster Martental oder Brockscheid.
Die Landschaftsfotografien von Heinrich Pieroth sehen teilweise aus wie Gemälde romantischer Maler. Besonders gut gefallen mir die Fotografien, in denen Pieroth bestimmte Berufsgruppen portraitiert. Beim Eifelschäfer erkennt man sogar das Schwarze unter den Fingernägeln. Allen Menschen ist anzusehen, wie schwer sie arbeiten mussten um über die Runden zu kommen.
Die heutigen Besucher der Mayener Burgfestspiele werden sich wundern, dass es auch schon in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Festspiele in der Stadt gab, und dass die unterhalb der Genovevaburg stattfanden. Dort, wo heute Autos fahren.
Pieroths Fotografien zeigen offene Kindermünder beim Kasperletheater, eine Bäuerin, die vor ihrer Haustür Kartoffeln schält, ein Seifenkistenrennen oder Marktszenen. Er hat die Mayener Waggonsiedlung fotografiert und die Menschen, die dort nach dem Ersten Weltkrieg in Eisenbahnwaggons wohnten. Er zeigt die von Bomben zerstörte Stadt Mayen und den Wiederaufbau. Der Fotograf war zur Stelle, als die Burg Eltz brannte und als es in seiner Stadt einen Unfall zwischen einem Auto und einem Postwagen gab. Heinrich Pieroth war also durchaus auch so etwas wie ein Fotoreporter – ein Chronist seiner Zeit.
Heinrich Pieroth, Keilspaltung eines gewonnenen Basaltblocks / Rheinisches Bildarchiv Köln
Der Fotograf Heinrich Pieroth – „Henry Knips in Mayen“
Sehr schön finde ich die Geschichten, die rund um Heinrich Pieroth erzählt werden. Das macht aus dem Bildband auch ein unterhaltsames „Lesebuch“. So heißt es an einer Stelle, dass Pieroth in der Region so bekannt war, dass sogar ein Brief bei ihm ankam, der lediglich mit „Henry Knips in Mayen“ adressiert war.
Dann wird Heinrich Pieroth mit einer Geschichte zitiert, die zeigt, wie aufsehenerregend es damals war, wenn jemand mit einer Kamera umherzog. Er erzählt, dass sich einmal regelrechte Menschenmassen um hin herum scharten, als er bei einer Fototour auf den Eifelhöhen fotografieren wollte. Da ihm das zu viel wurde, vertröstete er die Leute und machte den Vorschlag, dass er ihre Fragen gerne am Abend im Dorfgasthaus beantworten werde. Die Antwort von einem aus der Gruppe lautete:“ Abjemacht! Mir kun all.“ Und so war es dann wohl auch.
Hier noch mal das Foto der drei Männer vom Titelbild. Jetzt in voller Größe wie im Original:
Mein Fazit:
Wer gerne fotografiert, sollte Heinrich Pieroths Fotos unbedingt gesehen haben. Es sind richtige Kunstwerke. Und wie gute Kunstwerke sprechen sie nicht nur den Verstand, sondern auch das Herz an. Mich haben die Fotografien sehr berührt.
Der eindrucksvolle Bildband „In der Eifel“ mit Fotografien von Heinrich Pieroth vermittelt einen hervorragenden Einblick in das Leben der Eifeler des vergangenen Jahrhunderts. Nicht nur mit Hilfe der Fotografien, sondern auch mit interessanten Texten über Pieroths Foto-Technik, sein Leben und das aller Menschen im damaligen „Sibirien Deutschlands“. Das Buch gibt einen hervorragenden Einblick in die sozialen Verhältnisse der damaligen Zeit. Interessant für die, die diese Zeit selbst erlebt haben, für diejenigen, die auf die Erzählungen von Opa und Eltern verzichten mussten oder für interessierte Zugezogene. Besser als in dieser Kombination von Wort und Bild kann man Geschichte nicht aufbereiten.
Was mir nicht gefällt: der Verlag erschlägt geradezu Pieroths filigranes Schwarzweißfoto auf dem Cover mit riesigen blauen Lettern. Auch die einzelnen Kapitelüberschriften sind für meinen Geschmack viel zu groß, zu modern und zu „klotzig“. Schade um den Gesamteindruck bei einem ansonsten herausragenden Buch.
Der 2,5 Kilo schwere Bildband ist im Emons Verlag erschienen und kostet 39,95 €.
Im SWR-Fernsehen gibt es einen schönen Filmbericht über das Buch.
Liebe Frau Gonser,
Danke für diese Info.
Den Band musste ich gleich zweimal bestellen – einmal als Geschenk für meine Mutter und gleich nochmal als Geschenk an mich selbst.
Viele Grüße
Christof Schmalenbach
Sie werden viel Freude daran haben. Die Fotos sind sehr berührend!
Hallo Frau Gonser,
der GAV Mayen hat gleichzeitig ein Buch über Heinrich Pieroth (https://www.gavmayen.de/verlag.html) herausgegeben. Eigentlich wollten wir beide Bücher am 27.03. in der Genovevaburg vorstellen. Die Präsentation musste leider wegen Corona ausfallen.
Viele Grüße
Peter Koll
Lieber Herr Koll,
das ist ja interessant. Es soll ja auch eine sehr erfolgreiche Ausstellung in Mayen gegeben haben.
Herzliche Grüße,
Martina Gonser
Recht interessannte Informationen!